Auch ohne Veto: «Luxemburger sind stolz auf ihre Monarchie»

Wie im Fürstentum Liechtenstein will auch im Grossherzogtum Luxemburg eine grosse Mehrheit der Bevölkerung keine andere Staatsform als die Monarchie. Die Luxemburger sind nach wie vor stolze Monarchisten, auch wenn der Grossherzog vor drei Jahren das Vetorecht verloren hat.

Jede Staatsform, egal ob Republik oder Monarchie, ist einem kontinuierlichen Wandel ausgesetzt. Wenn sich Gesellschaften und ihre Werte verändern und die Wirtschaft immer stärker globalisiert wird, bleibt das nicht ohne Folgen für die Politik. Ein Staatswesen kann sich diesem Prozess nicht entziehen. Denn der Bürger, der sich mit wachsender Mobilität immer häufiger in der Welt draussen bewegt und zu Hause mit dem Internet in Sekunden zu seinen Informationen kommt, will in einem Land leben, das in allen Bereichen im 21. Jahrhundert angekommen ist.

Grossherzog stimmt zu

Es war ein kleines politisches Erdbeben, das im Dezember 2008 das Grossherzogtum Luxemburg erschütterte. Weil sich Grossherzog  Henri I. weigerte, ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz zu  unterzeichnen, löste dies im Grossherzogtum eine Staatskrise aus. Dank Vermittlung von Premierminister Jean-Claude Juncker und dem Grossherzog, der einsah, dass dieses Vetorecht nicht mehr in die moderne Zeit passt, fanden alle politischen Kräfte im Land in kurzer Zeit einen Ausweg aus der Krise. Artikel 34 der Luxemburger Verfassung wurde so abgeändert, dass der Grossherzog in Zukunft Gesetze nur noch verkündigt und nicht mehr bestätigt («sanctionne»). Am Schluss stimmte auch Henri I. dieser Verfassungsänderung zu.

Abgabe des Vetorechts: «Stärkung der Monarchie»

«Das war das Beste, was der Monarchie passieren konnte», sagt der Luxemburger Pierre Dillenburg, Adels- und Monarchieexperte bei RTL Luxemburg. Mit dieser Verfassungsänderung sei auch sein Land im 21. Jahrhundert angekommen. «Die Zeiten, in denen eine einzige Person gegen einen Entscheid des Parlaments oder gar des ganzen
Volkes sein Veto einlegen kann, sind passé.»

Die Monarchie habe mit dieser Verfassungsänderung keinen Schaden genommen, ist Dillenburg überzeugt. Im Gegenteil: Sie sei gestärkt worden und der Grossherzog und seine Familie seien im Volk heute geachteter denn je. «Wir Luxemburger sind stolz auf unsere Monarchie.» Ihre Abschaffung werde von niemandem ernsthaft verlangt.

«Auf Vetorecht beharren, bringt Monarchie in Gefahr»

Die wenigen Monarchen, die sich bis heute dieser Reform nicht unterzogen hätten, kämen früher oder später unter Druck, ist der Monarchie-Experte und langjährige Verwaltungschef des Luxemburger Parlaments überzeugt. «Ein Monarch, der auf dem Vetorecht beharrt, muss sich sehr stark fühlen. Aber er riskiert mit dieser harten Haltung, langfristig die Monarchie in Gefahr zu bringen.»


Die Monarchien in Europa reformieren sich

Das Spektrum der Monarchien reicht von der parlamentarischen Monarchie über eine durch die Verfassung begrenzte konstitutionelle Monarchie bis hin zur uneingeschränkten absoluten Monarchie. Liechtenstein ist laut Verfassung eine «konstitutionelle Erbmonarchie auf parlamentarischer und demokratischer Grundlage».

Während sich alle anderen europäischen Monarchien in den letzten Jahrzehnten reformiert haben und fast ausschliesslich zu parlamentarischen Monarchien geworden sind, ist in Liechtenstein das Gegenteil passiert: Die Verfassungreform von 2003 hat dem Fürsten gegenüber Volk und Parlament sogar noch mehr Macht und Einfluss gebracht. Sind Fürst und Politik heute nicht gleicher Meinung, gibt es im Gegensatz zur Verfassung von 1921 kein Schiedsgericht mehr, das in letzter Instanz entscheiden könnte. Mit der Annahme der Volksinitiative «Ja – damit deine Stimme zählt» übernimmt das mündige Volk diese wichtige Rolle.