2002

Quelle: Seminararbeit von Martina Sochin, Eschen ( bis 9/2002) und «Die Chronik der Verfassungsfrage» des Demokratiesekretariats

  • 7. Februar
    An der Landtagseröffnung sagt der Fürst (vom 7. Februar 2002), dass nicht das Fürstenhaus mit der Verfassungsdiskussion begonnen habe. Dies widerspricht seiner Aussage vom 17. August 1998. Der Fürst vergleicht in seiner Ansprache die aktuelle Verfassungsdiskussion in Liechtenstein «mit Diktaturen im 20. Jahrhundert», «bei denen selbst ernannte Demokraten, ohne das Volk zu fragen, Monarchien beseitigt haben». Er fordert die Abgeordneten auf, «sich nicht von einer kleinen Gruppe missbrauchen zu lassen» und statt dessen seinen Verfassungsvorschlägen zuzustimmen.
  • Mai / Juni
    Zwischen der Landtagskommission und dem Fürsten finden verschiedene Gespräche statt, ohne dass es jedoch zu einem Einvernehmen kommt. Die für eine Verfassungsänderung notwendige Dreiviertelmehrheit im Landtag ist unwahrscheinlich.
  • 25. Juni
    Der Fürst informiert über den Ausgang der Gespräche mit der Verfassungskommission vom 24. Juni. In einem Interview mit dem «Liechtensteiner Volksblatt» formuliert der Fürst die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit er eine zweite Lesung der (in der Zwischenzeit von Verfassungskommission und Fürst überarbeitete) Regierungsvorlage vom November 2001 abwarten und nicht schon vorher eine Volksinitiative lancieren werde:

    1. Der jüngste Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses wird geheim gehalten, ansonsten werde das Fürstenhaus «die Initiative anmelden».
    2. «Wir erwarten, dass uns die Mitglieder der Verfassungskommission nach den Gesprächen mit den Fraktionen sagen können, ob die jetzt vereinbarte Lösung eine Chance hat» die notwendige Dreiviertel-Mehrheit im Landtag zu erreichen, ansonsten eine zweite Lesung keinen Sinn mache.
    3. «Alle Kommissionsmitglieder müssen dahinter [hinter dem aktuellen fürstlichen Vorschlag] stehen. Wenn ein Mitglied das nicht kann, dann ist es sowieso sinnlos.»
  • 5. August
    Fürst Hans-Adam II und Erbprinz Alois melden ihre Verfassungsinitiative (Fürsteninitiative) an. Noch am gleichen Tag erklären 28 Liechtensteiner Bürgerinnen und Bürger, eine Abstimmungsbeschwerde gegen die fürstliche Volksinitiative zu erheben, weil der Fürst den Verbleib im Lande an die Annahme seiner Initiative knüpfe.
  • Ende August
    In einem Memorandum der Rechtswissenschafter Dr. Gerard Batliner, Alt-Regierungschef, Dr. Herbert Wille, Alt-Regierungsrat und Alt-VBI-Vorsitzender sowie Prof. Dr. Andreas Kley, Professor an der Universität Bern, wird die Meinung vertreten, dass der Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses nicht mit den Standards des Europarates und der Europäischen Menschenrechtskommission (EMRK) vereinbar sei.
  • September
    53 Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner gelangen mit dem Ersuchen an den Europarat, die Fürsteninitiative auf ihre Vereinbarkeit mit den europäischen Demokratiestandards zu prüfen.
  • 18. September
    Die im August eingereicht Abstimmungsbeschwerde wird von der Regierung in erster Instanz als unzulässig zurückgewiesen. Diese Entscheidung wird mittels Beschwerde an die Verwaltungsbeschwerdeinstanz angefochten.
  • 21. Oktober
    202 Personen reichen die Volksinitiative für Verfassungsfrieden (Friedensinitiative) ein.
  • 24. Oktober
    Sowohl die Fürsteninitiative als auch die Friedensinitiative werden von der Regierung als zulässig erklärt.
  • November
    Die Verwaltungsbeschwerdeinstanz gibt der Abstimmungsbeschwerde gegen die Verfassungsinitiative des Fürstenhauses ebenfalls keine Folge. Die Beschwerdeführer erheben Verfassungsbeschwerde beim Staatsgerichtshof.
  • 13. Dezember 2002
    Sowohl die Fürsteninitiative (mit 6242 Unterschriften), als auch die Friedensinitiative (mit 2206 Unterschriften) kommen zustande.
  • 18. Dezember 2002
    Da keine der beiden Initiativen im Landtag die erforderliche Dreiviertelmehrheit erreicht, kommen sie vors Volk. Die Regierung setzt den Abstimmungstermin auf das Wochenende vom 14./16. März 2003 fest.
  • Mitte Dezember 2002
    Die Venedig-Kommission des Europarates kommt in ihrem Gutachten zum Schluss, dass die Verfassungsinitiative des Fürstenhauses mit den grundlegenden Prinzipien des Europarates nicht vereinbar ist.